Jeder, der Kinder hat oder bekommt, wird irgendwann über dieses Wort stolpern: "Rituale". Per Definition handelt es sich dabei um eine nach festen Regeln ablaufende Handlung mit hohem Symbolgehalt. Am Anfang bin ich sehr über dieses Wort gestolpert und hatte immer ganz schräge Bilder von Vodoo-Priestern und dunklen Zeremonien am Lagerfeuer im Kopf.
Es heißt, Kinder brauchen Rituale. Gerade in der ersten Schwangerschaft fragt man sich natürlich, was man für eine Mama sein will, welche Werte möchte man auf jeden Fall vermitteln, was ist einem im Alltag wichtig, was vielleicht nicht so. Was war gut an der eigenen Kindheit, was möchte man so nicht übernehmen. Ich für mich habe damals zum ersten Mal festgestellt, dass ich Erziehungsratgeber (oder auch nur Newsletter, Infoblättchen und so weiter) ziemlich doof finde. Ich lese sie und in der Regel lasse ich ihnen das gleiche Interesse zukommen wie den Horoskopen der in Wartezimmern befindlichen Klatschblätter. Ist es denn heutzutage zuviel verlangt, wenn annimmt, dass jeder der mit einer Portion Gehirnschmalz und seinem persönlichen Bauchgefühl gewappnet, in der Lage ist, aus seinem Kind einen selbstbewussten, unabhängig denkenden und vor allem glücklichen Menschen zu machen? Klar, der Austausch hilft. Zu wissen, was in welcher Phase grade typisch ist und quasi einfach so sein muss. Aber der Lösungsansatz muss doch aus einem selbst kommen. Man kennt sein Kind, man kennt sich selbst und weiß, was man sich gegenseitig zumuten kann.
Wie auch immer. Ich selbst bin ein kleines Gewohnheitstier - wenn man so will, mag ich also Rituale. Dazu gehörte in meiner Schwangerschaft mit Mausepaulchen, dass wir - vor allem in der zweiten Hälfte - jeden Abend meine alte Spieluhr angehört haben. Es war eine schöne Gelegenheit um sich ein paar Minuten Zeit zu nehmen, in sich rein zu horchen, Kontakt zum unbekannten Bauchbewohner aufzunehmen und einfach etwas zur Ruhe zu kommen.
Neben einigen anderen Dingen gehört die Spieluhr immer noch zu unserem Abendprogramm. "Weißt Du wieviel Sternlein stehen" wurde gegen ein Melodie aus dem Babyphone ausgetauscht, aber immer noch ist es so, dass als letztes Abends die Musik für Mausepaulchen angemacht wird. Sein Zeichen zum Einschlafen, mein Zeichen für den Feierabend und ein, zwei Stunden Zeit ohne Kind. Ich mag das. Trotzdem habe ich im Moment das Gefühl, dass die Zeit an mir vorbei rast und ich, kaum dass ich den positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt, schon fast im fünften Monat bin.
Mir als Einzelkind ist es wichtig, dass ich es schaffe, unsere Kinder auch einzeln zu sehen. Klar, Nr. 2 wird sicherlich mal Klamotten von Mausepaulchen erben und auch Spielzeug kann und soll geteilt werden, aber ich möchte vermeiden, dass pauschal alles gleich gemacht wird und möchte mir eben auch das oben genannte Bauchgefühl für das neue Familienmitglied erstmal "erarbeiten". Vielleicht wird vieles gleich, vielleicht wird alles anders. Man weiß es nicht.
Feststand, dass ich eine neue Spieluhr wollte - da ist sie. Als Melodie habe ich LaLeLu ausgesucht und sie in einem kuscheligen Elefanten verpackt. Nein, Mausepaulchens Geschwisterchen hat sich noch nicht geoutet- aber vorerst ist der Elefant ganz für mich und darf daher auch in Püppi-Farben sein.
Vielleicht höre ich die Spieluhr jetzt nicht abends vor dem Schlafen gehen, sondern in der kurzen Pause zwischen Arbeit und Mausepaulchen einsammeln. Vielleicht werde ich den Elefanten dann dem Bauchzwerg nach seinem Auszug schenken.
Wir werden sehen. Aber auf jeden Fall werden wir unsere eigenen Rituale haben.
Stoff & Spieluhr: Buttinette
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